Mehr als zwei Drittel der Käufer wissen um Risiken bei Temu

Mehr als zwei Drittel der Käuferinnen und Käufer wissen, dass bei Temu erworbene Produkte häufig nicht den europäischen Bestimmungen entsprechen. Das betrifft Belange wie die Produktsicherheit, zulässige Inhaltsstoffe oder den Arbeitsschutz. Trotzdem wollen 51 Prozent auch weiterhin über die Online-Plattform einkaufen, nur sieben Prozent der Befragten wenden sich ab. Das ergibt sich aus einer aktuellen Umfrage, die von der GfK im Auftrag des ZVEI durchgeführt wurde.

Ausschlaggebend für einen Kauf bei Temu ist vor allem der günstige Preis, dafür werden Abstriche bei der Qualität offenbar in Kauf genommen: Zwei von fünf der befragten Nutzer haben bereits schlechte Erfahrungen mit der Online-Plattform gemacht. Bei 15 Prozent der Käufer gingen Produkte schnell kaputt und bei jedem zehnten funktionierten sie gar nicht erst.

„Insgesamt haben 23 Prozent der Käufer bereits Elektrogeräte via Temu erstanden“, erklärte Susanne Harring, Vorsitzende des ZVEI-Fachverbands Elektro-Haushalt-Kleingeräte und Geschäftsführerin von De’Longhi Deutschland. „Der Erfolg der Plattform sollte aber auch kritisch betrachtet werden. Zum großen Teil basiert Temu auf dem Verkauf billiger Produkte mit extrem kurzer Lebensdauer. Vielfach ist das unterhaltsam verpackt mit Gamification und Belohnungsmechaniken. Aber Nachhaltigkeit, Reparaturfähigkeit oder die Möglichkeit für Kontakt mit einem Service sind bei Temu oft nicht vorhanden.“ Doch das sei noch nicht alles, fügte Harring hinzu: „Darüber hinaus sind Verstöße gegen die Produktkonformität und fehlende, beziehungsweise gefälschte Sicherheitskennzeichnungen wie das CE-Zeichen weitere Probleme, die gegenüber unseren Mitgliedern einen klaren Wettbewerbsverstoß darstellen.“

Das Geschäftsgebaren von Temu beschäftigt zunehmend auch deutsche Unternehmen. In einer aktuellen ZVEI-Befragung von Mitgliedern der Consumer-Industrie gaben 72 Prozent an, von den Marktaktivitäten der chinesischen Handelsplattform in Europa bereits betroffen zu sein. Nahezu alle Unternehmen (92 Prozent) gehen zudem davon aus, dass sich die Situation durch solche Online-Plattformen weiter verschärfen wird. Als besonders problematisch sehen sie die mangelnde Produktsicherheit (92 Prozent) und -konformität (80 Prozent) sowie den Vertrieb von Produkten, in denen verbotene Stoffe verarbeitet wurden (64 Prozent).

„In den vergangenen Jahren haben neue, globale Vertriebsmethoden an Bedeutung gewonnen. Für diese muss jedoch geltendes Recht gleichermaßen Anwendung finden“, betont Carine Chardon, ZVEI-Bereichsleiterin Consumer. Aus Sicht des ZVEI sind Politik und Behörden aufgefordert, gleiche Marktzugangsvoraussetzungen und einen fairen Wettbewerb sicherzustellen. Verstöße dagegen sind konsequent zu ahnden. Der ZVEI unterstützt, dass Temu gemäß EU Digital Service Act als ‚sehr große Online-Plattform‘ eingestuft wurde, so dass der Plattformbetreiber in Kürze eine Risikoanalyse vorlegen muss. „In diesem Zusammenhang müssen aber auch geeignete Maßnahmen getroffen werden, um frühzeitig und wirkungsvoll etwa gegen Verbrauchergefährdung vorzugehen”, forderte Chardon. Notwendig ist aus Sicht des ZVEI auch, dass die Marktüberwachungs- und Zollbehörden besser ausgestattet werden, um ihre Rolle als Korrektiv wahrnehmen zu können und sowohl Verbraucherschutz als auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer zu gewährleisten.