Der Breitbandverband Anga hat den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) veröffentlichten Entwurf für ein „Telekommunikationsmodernisierungsgesetz“ (TKMoG) scharf kritisiert. Das geplante Gesetz lasse ein konsequentes Bekenntnis zum eigenwirtschaftlichen Gigabit-Ausbau vermissen und sehe zahlreiche Änderungen am geltenden TK-Rechtsrahmen vor, die den Netzausbau eher bremsen statt beschleunigen würden, heißt es in einer Pressemitteilung.
Besonders die geplanten Änderungen an der mietrechtlichen Umlagefähigkeit der Betriebskosten von Inhaus-Breitbandnetzen stoßen beim Anga auf Widerstand. Das BMWi will nach einer Übergangsfrist nicht nur die Umlagefähigkeit abschaffen, sondern Mietern auch die Möglichkeit geben, die Kostenumlage gegenüber ihrem Vermieter zu kündigen. Damit würde den Netzbetreibern und Wohnungsunternehmen eine extrem wichtige Grundlage für die Anbindung der Wohnungen an moderne Glasfaser- und Gigabitnetze genommen, betont der Anga. Gleichzeitig würde die Streichung zu einer finanziellen Mehrbelastung für über 12 Mio. Haushalte führen, die ihre Fernseh- und Hörfunkprogramme über rabattierte Mehrnutzerverträge ihres Vermieters empfangen. Besonders betroffen wären Empfänger von Arbeitslosengeld II oder von Grundsicherung, stellte der Anga fest, denn während heute der Sozialhilfeträger die Kosten für den Anschluss als Teil der Kosten der Unterkunft übernehme, müssten sie künftig diese Kosten aus dem Regelsatz zahlen.
Auch von den vorgesehenen Erweiterungen beim Verbraucherschutz erwartet der Anga Mehrbelastungen für Netzbetreiber. Denn derzeit wird diskutiert, abweichend von den europäischen Vorgaben die Laufzeit von TK-Verträgen von bisher mindestens 24 Monaten auf nur noch 12 Monate zu begrenzen. Sollte dies realisiert werden, befürchtet der Anga höhere Preise für die Kunden, die bisher 24-Monatsverträge auch darum abschließen, weil sie dadurch Endgeräte wie Smartphones zu besonders günstigen Bedingungen bekommen können.
Auch mit Blick auf den Gigabit-Ausbau in der Fläche bleibt der Gesetzentwurf nach Ansicht des Anga hinter den Erwartungen zurück. Denn das EU-Recht verpflichte marktmächtige Unternehmen, ihren Wettbewerbern Zugang zu vorhandenen Leerrohren zu gewähren. Der jetzt vorgelegte Entwurf räume dem Leerrohrzugang dagegen nicht die vorrangige Position ein, die er nach EU-Recht haben soll, kritisiert der Anga.
Positiv bewertet der Verband die im Gesetzentwurf vorgesehenen Erleichterungen bei der Beantragung und Genehmigung von Baumaßnahmen für den Netzausbau, auch wenn diese ambitionierter ausgestaltet werden und das Ziel eines One-Stop-Shops verfolgen sollten.
„Die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes sollte genutzt werden, um dem Gigabit-Ausbau und damit auch der Digitalisierung in Deutschland den Weg zu ebnen” erklärte Anga-Präsident Thomas Braun „Die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig leistungsfähige Breitbandnetze bis in jede Wohnung für alle Lebensbereiche sind. Das muss sich auch im Rechtsrahmen widerspiegeln. Neue Beschränkungen bei der Produkt- und Vertragsgestaltung nehmen den TK-Anbietern Differenzierungsmöglichkeiten im Wettbewerb. Der Gesetzgeber sollte daher genau überlegen, ob er mit diesen Regeln nicht das Ziel verfehlt.“