Vor dem Hintergrund guter Zahlen für das vergangene Jahr geht die deutsche Elektro- und Digitalindustrie mit Zuversicht ins Jahr 2023. Das gab ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel auf der traditionellen Auftakt-Pressekonferenz des Verbandes bekannt. Von der Politik erwartet der ZVEI mehr Unterstützung durch Investitionen, die das Stromnetz energiewendefähig machen sollen.
„2022 war – trotz aller Widrigkeiten – ein starkes Jahr für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie“, sagte Kegel. „Trotz Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation und weiterhin angespannte Lieferketten ist die preisbereinigte Produktion der Branche zwischen Januar und November um 3,7 Prozent gewachsen – fast eine Punktlandung für unsere Prognose von vier Prozent.
Die nominalen Erlöse stiegen im vergangenen Jahr um zwölf Prozent auf das Rekordhoch von 224 Milliarden Euro. Die höchsten Zuwächse gab es bei elektronischen Bauelementen (plus 21 Prozent). Es folgen Informations- und Kommunikationstechnik, Batterien, Energietechnik (jeweils plus 14 Prozent) und Automation (plus 12 Prozent). Die Zahl der Beschäftigten lag zuletzt bei knapp 895.000 und damit 2,3 Prozent über dem Vorjahr – weiteres Wachstum wurde hier vor allem durch den Mangel an geeigneten Arbeitskräften gebremst.
Die deutschen Elektroausfuhren (inklusive Re-Exporte) erreichten mit einen Wert von 246 Milliarden Euro (plus neun Prozent). Wichtigster Absatzmarkt war die Europäische Union mit mit einem Volumen von 126 Milliarden Euro. „Der Binnenmarkt ist das größte Asset der EU”, betonte Kegel. „Wir müssen ihn weiterentwickeln – unternehmerisch und regulatorisch.” Das sei auch deshalb wichtig, weil die Globalisierung an einem Scheitelpunkt zu stehen scheine, fügte Kegel hinzu. „Die protektionistische Wirtschaftspolitik Chinas, aber auch der USA sind für uns ein hohes Risiko. Die EU muss entschlossen gegensteuern und mehr bilaterale Handels- und Rohstoffabkommen abschließen.
Für das laufende Jahr wird Stabilität der realen Produktion mit einer schwarzen Null erwartet. Das bedeute eine Konsolidierung auf sehr hohem Niveau, betonte der ZVEI-Präsident.
Von der Politik erwartet der ZVEI neben dem zügigen Ausbau der Netzinfrastruktur vor allem die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns. Der wichtigste Rohstoff für eine Energiewende sei Strom, denn der solle im Jahr 2045 über 90 Prozent des Energiebedarfs decken, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Aktuell liegt der jährliche Strombedarf in Deutschland bei 550 TWh. Im Zuge der Elektrifizierung – unter anderem durch ca. 15 Millionen Ladepunkte und sechs Millionen Wärmepumpen – werde dieser Wert bis 2030 auf über 700 TWh steigen und 2045 ein Volumen von 1.000 bis 1.200 TWh erreichen. Um diesen Bedarf zu decken, müssten die Erzeugungskapazitäten bei den erneuerbaren Energien um mindestens das 4,5-Fache gesteigert werden, betonte Weber: „Um es klar zu sagen: Darauf ist unser Stromnetz derzeit nicht ausgelegt. Es ist nicht energiewendefähig. Aber: Ohne starkes Stromnetz wird es keine Klimaneutralität geben. Das künftige Stromnetz muss zu einem Klimaneutralitätsnetz umgebaut werden.“ Deshalb fordert der ZVEI, dass neben dem physischen Ausbau auch Intelligenz ins System kommt. Unter anderem müsse mehr Tempo in den flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme kommen, wie es bereits gesetzlich vorgesehen sei
Durch konsequente Elektrifizierung und Digitalisierung ließe sich der Primärenergieverbrauch um bis zu 65 Prozent reduzieren, stellte Weber fest. Nur mit einer dezentrale Energieerzeugung mit Speicherung, Verteilung im Quartier mit digitalen Netzanschlüssen, Sektorenkopplung mit Photovoltaik, Wärmepumpe und E-Mobilität sowie immense Effizienzgewinne der direkten Stromnutzung seien die gesetzten Klimaziele zu erreichen.